Die Erfurter Garnison von 1925 – 1945 

Durch das Fehlen der ehemaligen großen Garnison, fehlt in Erfurt auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das Streben der Stadt nach einer Garnison war 1924 schließlich erfolgreich.

Nach dem Reichswehrmanöver in der Nähe von Stadtilm rückte am 17. September 1925 ein Teil des Reiter-Regimentes 16 in seine neue Garnison Erfurt ein. Es gehörte zur 3. Kavalleriedivision, dessen Stab in Weimar lag. Der Regimentsstab und Teile des Reiterregiments kamen aus Kassel, andere Teile aus Hofgeismar und Langensalza. In Erfurt lagen nun der Regimentsstab, die 1. und 3. Escadron, der Nachrichtenzug und ein MG-Zug. Untergebracht war das Reiter Regiment 16 in der alten Jägerkaserne in Erfurt- Süd. Die Reitausbildung fand in den vier Reitbahnen und auf dem Reitplatz der Jägerkaserne, sowie auf dem Exerzierplatz Drosselberg und im Gelände statt. Jede Escadron hatte die Reitabteilungen: Junge Remonten (Dreijährige), Alte Remonten (Vierjährige), Abteilung A (Fünfjährige), also voll ausgebildete Pferde, sowie die Abteilung B und C, ältere Jahrgänge.  Jedes Jahr erhielt jede Escadron etwa sechs bis acht junge Remonten und entsprechend wurden für den Dienst unbrauchbare Pferde ausrangiert und öffentlich versteigert. Auch der Pferdemist, mit sehr wenig Stroh, wurde zwei- bis dreimal im Jahr versteigert, und von den Erfurtern Gärtnern und Landwirten der Umgebung gern erworben. Die jungen Pferde wurden von älteren Reitern, also Offizieren und Unteroffizieren, die älteren Pferde von den Rekruten geritten, so dass hier die Pferde von den Reitern und dort die Reiter von den Pferden lernen mussten.

Am 1. Oktober 1934 musste das Reiter-Regiment 16 seine Pferde abgeben, es wurde motorisiert. Daraufhin wurden die Pferdeställe zu Fahrzeughallen umgebaut. 1935 wurde das Reiter-Regiment 16 in die Kradschützenbatalione 1 – 3 umstrukturiert. Im September 1935 verließ das R.R.-16 Erfurt  und wurde in Langensalza stationiert. Die  Bevölkerung Erfurts nahm großen Anteil bei der Verabschiedung ihrer Reitertruppe. Es gab kaum ein Ereignis und kein großes Fest, an dem nicht die Reiter und die Erfurter Bevölkerung gemeinsam feierten. Die Reit- und Fahrturniere, die Militärkonzerte und die Turniersiege wurden stets gemeinsam begangen.

Am 16. März 1935 begann mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht die Heeresvermehrung in Deutschland. Aus zwei Korps-Kommandos und sieben Divisionen der Reichswehr entstanden zwischen 1934 und 1939 sechs Heeresgruppen und 22 Generalkommandos mit mehr als 50 Divisionen; völlig neu entstand die Luftwaffe. Das bedeutete eine immense Bautätigkeit, fast immer im Drei-Schicht-System rund um die Uhr. Nach 1934 werden Neubauten von Truppenunterkünften ausnahmslos an den Stadträndern gebaut. Für die Kasernenneubauten kamen jetzt Einheitspläne zur Anwendung.

Erfurt wird sich nun wieder, wie zur Zeit der preußischen Armee, zu einem großen militärischen Standort mit verschiedenen Truppengattungen entwickeln. Fünf Kaserne, ein Lazarett und  die Kasernen des Fliegerhorstes Erfurt- Bindersleben wurden gebaut. Auf dem Petersberg fanden bis zum Kriegsbeginn noch Behelfsunterbringungen statt. Am 08. 10.1935 findet in Erfurt auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz die Begrüßung der neuen Wehrmachtseinheiten durch die Bevölkerung statt. Sie wurde mit Blumen empfangen.
Die Löberfeld Kaserne und die Steigerkaserne  - beide 1934-1935 errichtet – gehörten zu den ersten Heeresneubauten in Erfurt. Von ihnen besitzt die Steigerkaserne zweifellos die exponierteste Lage. Beide Kasernen wurden durch die neu aufgestellte Panzertruppe genutzt. Das Panzerregiment – 1 entstand am 01. Oktober 1935  mit zwei Abteilungen aus dem Kraftfahrlehrkommando II (Ohrdruf). Es war zusammen mit dem Panzerregiment 2 (Eisenach) der ersten Panzerbrigade (Erfurt) unterstellt. Diese  Panzerbrigade gehörte zur 1. Panzerdivision (Weimar), die aus Teilen der 3. Kavalleriedivision aufgestellt wurde. Der Stab der Panzerbrigade war in der alten Jägerkaserne untergebracht. Der Stab und die II. Abtlg. des Panzerregimentes  1 waren in der Löberfeld Kaserne und die I. Abtlg. des PR-1 in der Steigerkaserne stationiert.

Am 14.11.1937 fand auf dem Hof der Löberfeld Kaserne eine große Vereidigung der neu eingezogenen Rekruten des Panzerregimentes 1 durch den Divisionskommandeur statt.

Das Panzer-Regiment 1 kämpfte ab 1939 während des 2. Weltkrieges in Polen, in Luxemburg, Belgien und Frankreich, sowie in der Sowjetunion. Mit Verfügung vom 01. November 1942 wurde die 1. Panzerbrigade der 1. Panzerdivision aufgelöst und anderen Einheiten zugeteilt. Am 01.10.1936 wird die 29. Infanteriedivision in Erfurt, später als „Falke Division“ bezeichnet,  aufgestellt.

Der Stab der 29. Infanteriedivision war auf dem Petersberg in der ehemaligen Cyriaks - Ersatz Kaserne untergebracht. Ihr unterstellt waren unter anderem folgende Einheiten: das Infanterieregiment 15 (Kassel), Infanterieregiment 71 (Erfurt), Infanterieregiment 86 (Mühlhausen), Artillerieregiment 29 (Erfurt), Panzerabwehrabteilung 29 (Erfurt) und die  Infanterienachrichtenabteilung 29 (Erfurt).

Die Gneisenau-Kaserne, von 1937-38 errichtet, wurde von Teilen des Infanterieregimentes 71, sowie der Panzerabwehrabteilung 29 belegt. Die Blumenthal-Kaserne, benannt nach dem ersten Regimentskommandeur des 3. Thüringer Infanterieregimentes Nr. 71 in Erfurt, dem späteren Generalfeldmarschall von Blumenthal, war anfangs nur gedacht als Ergänzung zur nahe gelegenen Gneisenau-Kaserne. Hier waren weitere Teile des Infanterie-Regimentes 71 untergebracht.

Die letzte der neuen Heeres-Kasernen war die Henne-Kaserne und von 1936 – 1938 errichtet. Sie wurde vom Artillerieregiment 29 belegt.

Die Infanterie-Nachrichtenabteilung der 29. Infanteriedivision war ebenfalls in der Jägerkaserne stationiert. Die Erfurter Stadtväter setzten sich dafür ein, dass das Erfurter Infanterieregiment die traditionsreiche Nummer 71 erhielt. Dieses Regiment was das Regiment, das mit Erfurt am stärksten verbunden war.

Da die, für das 71. Infanterie-Regiment vorgesehenen Kasernen (Gneisenau- und Blumenthal-Kaserne) noch nicht bezugsfertig waren, wurde das Regiment anfangs weiterhin auf dem Erfurter Petersberg in der Defensionskaserne untergebracht.

Ab 01. 10.1937 wurde die 29. Infanterie-Division voll motorisiert und hieß seitdem 29.Infanterie-Division (mot.). 1937 empfingen die nunmehr motorisierten Truppenteile in Wiesbaden aus der Hand des Reichskriegsministers von Blomberg und des Oberbefehlshabers des Heeres, Generaloberst Freiherr von Fritsch, ihre neuen Standarten.

Im Frühjahr 1938 zog das 71. Infanterie-Regiment (mot.) vom Petersberg in die neuen Gneisenau- und Blumenthalkasernen um. Dies fand unter großer Anteilnahme der Erfurter Bevölkerung statt. So konnten die Erfurter am Kleinkalieberschießen, Reiten, Geschicklichkeitsfahren mit Krädern oder anderen Veranstaltungen teilnehmen oder in der Turnhalle des Petersberges einen Eintopf für 30 Pfennig erwerben.

Die Einheiten der 29. Infanterie-Division (mot.) nahmen im September 1938 an der Besetzung des Sudetenlandes teil, sowie im Frühjahr 1939 am Einmarsch in die Tschechoslowakei. Ab 1939 kämpfte die Falke Division an verschiedenen Fronten des 2. Weltkrieges. So in Polen, Luxemburg, Frankreich und der Sowjetunion. Im Januar 1941 wird die Erfurter 29.Infanteriedivision (mot.) im Stalingrader  Kessel vernichtet und geht hier mit unter. Im Jahr 1943 wird in Südfrankreich die 29. Grenadierdivision neu aufgestellt und beteiligt sich an Kämpfen in Frankreich und Italien bis zum Ende des 2. Weltkrieges.

1938 befindet sich in Erfurt eine der größten Militärstandorte Deutschlands. Die Erfurter Garnison besteht im Mai 1939 aus 6.414 Militärangehörigen.

Weitere neue Kasernenbauten nach 1933 waren das große Standortlazarett in der Schützenhausstraße, und das Panzerkasino, neben dem alten Jägerkasino in der Blosenburgstraße.

Auf dem Petersberg waren neben dem Stab der 29.I.D.(mot.), die Standortkommandantur, das Wehrbezirkskommando, das Kriegsgericht und das Heeresbauamt untergebracht. 

In den Erfurter Kasernen werden ab 1939 verschiedenen Ersatz- und Nachfolgeeinheiten aufgestellt und ausgebildete. So unter anderem das Infanterie-Ersatzregiment (mot.) 29, oder die 299. Infanterie-Division, die am 09. 02. 1940 in Erfurt durch den Wehrkreis IX aufgestellt wurde.