Maximilian von Welsch

 

Kurmainzer Militär, Festungsbaumeister und Architekt - Lebensbeschreibung und Spuren seines Wirkens in Erfurt-

  

Vor genau 300 Jahren, also im Jahre 1707, weilt Maximilian Welsch erstmals als Mainzer Festungsbaumeister in Erfurt. Er leitet die zweite Bauphase der Festung Petersberg (1707 bis 1737) ein und hält sich bis 1726 wiederholt in Erfurt auf. Dieses Jubiläum soll Anlass sein, die Erinnerung an diesen bedeutenden Barockbaumeister wach zu halten und ihn und seine Werke in Erfurt kurz zu beschreiben.

 

Lebenslauf

 

Maximilian Welsch wurde im Februar 1671 in Kronach geboren, getauft am 23.02.1671 (Tauftag war seinerzeit wichtiger als Geburtstag).

Kronach gehörte zum Bistum Bamberg, die Veste Rosenberg war Landesfestung im Norden des Bistums gegen Thüringen und Sachsen. Die Kernfestung erreichte mit der Bastion Lothar im Jahre 1699 die klassische 5-Eck-Form.

Der Vater war bambergischer Feldwebel, nach der Entlassung Kaufmann in Kronach.

1676 trat er in die fürstbischöfliche Verwaltung in Bamberg als Prokurator und Notar ein. Maximilian verbrachte seine Jugendjahre in Bamberg, besuchte die Lateinschule und trat 1690 in die von Jesuiten geleitete Hochschule „Academia Ottoniana“ ein. Er verließ die Hochschule 1692 mit dem untersten akademischen Grad eines Bakkalaureus der Philosophie.

Für seine beruflichen Absichten ist der Abgang ohne Absolvierung des für den Magister notwendigen 3. Jahres des Philosophiestudiums bezeichnend. Nur in den beiden ersten Jahren wurden die für das wissenschaftliche Befestigungswesen und die Baulehre nützlichen Fächer gelehrt, wie Mathematik, Geometrie und Physik. Speziell die mit Mathematik verbundene Architekturlehre muß Welsch als jungen Menschen interessiert haben. Der Eintritt in das Militär nach dem Studium war folgerichtig und zeigt, dass Vater Welsch die Aufstiegschancen realistisch einschätzte. Ein Weiterstudium für einen akademischen Beruf war nicht möglich. Beim Militär besaß der gebildete Offizier bürgerlicher Herkunft vor allem auf technischem Gebiet als Ingenieur und Artillerist hervorragende Aussichten.

Er tritt Ende 1692 als Leutnant in ein Kürassierregiment ein. Es war ein sachsen-gothaisches Mietregiment, das auf Rechnung des fränkischen Kreises zur Abgeltung von dessen Verpflichtungen am Reichsheer aufgestellt worden war.

Bis 1699 erwarb sich Welsch, zuletzt bei den Dragonern stehend, Erfahrungen als Frontoffizier und Ingenieur am Oberrhein, in Savoyen und Ungarn. Nach Abschluß der Türkenkriege traf er in Ungarn wieder auf den Prinzen Johann Wilhelm von Sachsen-Gotha. Im Gefolge dieses Prinzen, eines kaiserlichen Obristfeldwachtmeisters und Regimentchefs gothaischer Truppen lebte Welsch bis 1704. Er lernte mit dem Prinzen, der zunächst ohne Kommando blieb und dann ab 1701 unter dem schwedischen König Karl XII am nordischen Krieg teilnahm, einen großen Teil von Europa kennen. Die erste Reise führte 1699/1700 von Ungarn über Wien, Gotha, Holland, Belgien nach England und Frankreich. Im Grenzgebiet zwischen Frankreich und den spanischen Niederlanden wurden zahlreiche Festungen besichtigt, die damals zu den modernsten und kurz zuvor im Krieg hart umkämpften gehörten.

Auf diesen Reisen besucht Welsch die Hauptzentren des europäischen Klassizismus in London, Paris und den Niederlanden. Er empfängt bleibende Eindrücke sowohl von Militärbauten als auch von Kirchen, Residenzen und Gärten des Barock.

In diesen Jahren lernte Welsch, der es inzwischen zum Hauptmann gebracht hatte, bedeutende norddeutsche und nordeuropäische Residenzen und Städte kennen: Hannover, Celle, Berlin, Stockholm, Hamburg, Reval, aber auch Breslau und Wien.

Welsch erkrankt in schwedischen Diensten in Danzig und gerät in polnische Kriegsgefangenschaft in Heilsberg in Ostpreußen.

1703 bemüht er sich erfolglos um eine Anstellung beim fränkischen Kreis. Seine besonderen Fähigkeiten auf dem Gebiet des Fortifikationswesens und seine Erfahrungen als weltgewandter Offizier wurden nicht gewürdigt.

Anders bei Lothar Franz von Schönborn, seit 1693 Bischof von Bamberg, seit 1695 Erzbischof von Mainz, damit Kurfürst und Kanzler des Reiches. Noch herrsche der spanische Erbfolgekrieg, seine Länder am Main und Rhein waren von Bayern her bedroht. Vater Welsch ließ in Bamberg seine Verbindungen spielen.

Lothar Franz stellte Welsch eine „Infanteriekompanie“ als Major, jedoch mit Hauptmanngage in Aussicht. Welsch akzeptierte und trat seinen Dienst im Juni 1704 an.

Neben seinen Dienstpflichten als Kompaniechef hatte er sich besonders um den Erhalt und den Ausbau der Festungen in Kronach, Forchheim, Mainz und Erfurt zu kümmern.

1705 richtete Welsch das eroberte Drusenheim im Elsaß als Festung ein und befehligte diese kurze Zeit als Kommandant. 

1706 schickte ihn der Kurfürst nach Bamberg, damit er die beiden bambergischen Landesfestungen Forchheim und Kronach in besseren Zustand bringe. Dort erfolgten unmittelbar keine Neubauten, nur Ausbesserungen und Verstärkungen. Neubauten sind erst 1731 bzw. 1723 belegt.

1707 weilte Welsch erstmals in Erfurt, seine Aktivitäten hier sind in dem Buch von Herrn Dr. Moritz "Die Festung Petersberg unter Kurmainz 1664 - 1802"ausführlich dargestellt. Nur soviel: sein jüngerer Bruder Johann Lorenz (1673-1732) war zu dieser Zeit Grenadierhauptmann der mainzischen Garnison. 

Mit etwa 37 Jahren heiratet Welsch die Witwe des italienischen Architekten Giovanni Domenico Fontana. Dieser war Oberingenieur über die Rheinfestungen Philippsburg, Kehl und Breisach gewesen. Die Witwe brachte als Tochter eines reich gewordenen Apothekers ein stattliches Haus mit in die Ehe. (Mainz, Markt 13, Haus zum Boderam)

Dieses Haus wurde im 2. Weltkrieg zerstört, 1955 wieder aufgebaut, seine Fassade wurde 1988 erneuert, seit 2006 entsteht ein völliger Neubau.

Diese Frau wird als sehr ehrgeizig geschildert, sie stachelte Welsch zu beruflichen Erfolgen an. Sie galt als sehr lebenslustig, bewegte sich gerne in „besserer Gesellschaft“, war auch vergnügungssüchtig und strebte wie viele Zeitgenossen nach einer sogenannten „Standeserhöhung“. All dies ging natürlich ins Geld.

Neben seinen Einkünften als kurfürstlicher Militär (1716 Oberleutnant) erhielt Welsch Honorare für seine Pläne zu Gärten, Orangerien, Kirchen, Altären usw. . Dieses Geld ging für Repräsentation, Reisen und Gesellschaften weg.

1714 hielt sich Welsch mit seiner Frau länger als geplant in Wien am Kaiserhof auf. Als Entschuldigung für sein Fernbleiben von Mainz diente auch ein Unfall mit einem Pferd. Lothar Franz drehte ihm den Geldhahn zu, er brauchte ihn wieder in Mainz.

In Wien wird Welsch von Kaiser Karl VI zum Ritter geadelt. Besonders hervorgehoben werden dabei seine Verdienste um die Befestigungsanlagen in Mainz und Erfurt.

Aus den mir zugänglichen Unterlagen geht über die Familie Welsch nicht allzuviel hervor. Nur soviel, der älteste Sohn fiel bei einem Pistolenduell, eine Tochter soll im Modebad Schlangenbad im Taunus einen lockeren Lebenswandel geführt haben und bot viele Gelegenheiten zum Klatsch, eine Tochter wurde sogar entführt. Ein französischer Schwiegersohn wurde während des polnischen Erbfolgekrieges als Verräter entlarvt, der die Mainzer Festung dem Feind übergeben wollte – ein besonders schwerer Schlag für Welsch als Oberbefehlshaber der Mainzer Infanterie und Militär- und Festungsbaudirektor. Andererseits gelang es ihm aber auch eheliche Verbindungen seiner Kinder mit alt eingesessenen finanzstarken Familien zu knüpfen, z.B. der Familie von Rokoch.

Die militärische Laufbahn des Maximilian von Welsch sei kurz angerissen:    1714 kaiserlicher Oberleutnant,   1716 Mainzer Oberleutnant,   1729/30 mit dem Regierungsantritt des neuen Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg wird er als Generalmajor Chef der gesamten Infanterie und Inhaber eines eigenen Regimentes „Ritter von Welsch“. Die Stärke eines Regimentes belief sich in etwa auf

2 000 Mann. Insgesamt dürfte Welsch mindestens 5 000 Soldaten befehligt haben, fast das ganze Mainzer Heer, da kaum Kavallerie unterhalten wurde. Seine Stellung als Militärbaudirektor sicherte ihm überdies Einfluß auf die Festungen Mainz und Erfurt, die besondere Kommandanten hatten. Nach dem Oberkommandierenden der Gesamtstreitkräfte, dem Herrn von Wambolt, war Welsch der ranghöchste Militär des Kurstaates. Seit den 1720-er Jahren trug er zunehmend die gesamte Last der Mainzer Militärverwaltung.

Trotz dieser militärischen „Vollzeitbeschäftigung“ war Welsch auch als ziviler Architekt sehr gefragt. Er nahm als Kurmainzer und bambergischer Baudirektor und als Beisitzer in dem vom Kurfürsten geschaffenen „Mainzer Baukollegium“ Einfluß auf viele Planungen und Ausführungen. In diesem Kollegium arbeiteten auch Johann Dientzenhofer, Lukas von Hildebrandt sowie Balthasar Neumann mit.

Durch die weit verzweigten Beziehungen und Herrschaften der Familie Schönborn wurde Welsch auch von anderen Regenten sowie Orden als Architekt in Anspruch genommen. 1729 erfolgte Welsch`s Ablösung als bambergischer Baudirektor durch Neumann. Nach 1730 tritt in Mainz seine Tätigkeit als Zivilarchitrekt zurück hinter seinem ausgedehnten Wirken als Leiter des Ausbaues der Mainzer Befestigungen.

Sein letzter Bau ist die 1742 begonnene Abteikirche Amorbach im Odenwald.

Am 15.10.1745 stirbt Maximilian von Welsch in seinem Mainzer Wohnhaus im Alter von 74 Jahren.

Seine Mitbrüder der „Altarbruderschaft zum Allerheiligsten Sakrament“

tragen den Sarg in die benachbarte Quintinskirche. Seine Grabstätte fand er hinter dem von ihm selbst entworfenen Hochaltar. Die Grabstätte ist längst zerstört. Der im Bombenkrieg zerstörte Hochaltar wurde vereinfacht ohne Baldachin und Skulpturen 1984 wieder hergestellt.
Der Turm wurde ebenfalls in den 80-er Jahren rekonstruiert. Zur Zeit ist die Kirche nur während der Gottesdienstzeiten zugänglich. 

Vieles, was Welsch erdacht, geplant und gebaut hat, ist heute verschwunden.

 

Spuren seines Wirkens in Erfurt

 

- Zitadelle Petersberg -

 

In der ersten Bauphase von 1664 bis 1704 war die Kernfestung, wie wir sie heute noch erleben, fertiggestellt. Größere Reichweiten der Geschütze und eine neue Verteidigungsstrategie erforderten Verstärkungen in Form vorgelagerter Ravelins, Lünetten und Außenforts. Dadurch waren die Maueren der Kernfestung gegen direkten Beschuss besser geschützt.

Welsch hatte dies bereits in Mainz und Forchheim umgesetzt. Als erstes betrieb er in Erfurt eine Bestandsaufnahme, viele Pläne und Risse sind überliefert (siehe bitte auch das o.a. Buch von Herrn Dr. Moritz). Bei seinem Plan zur Verstärkung der Zitadelle griff er sicher auf ältere Vorlagen zurück. Das ehemals als Bastion geplante Bauwerk Anselm wird zum Ravelin umgebaut (siehe abgesetzte Flanke an der Nordostecke), das Hornwerk wird erneuert. Völlig neu entstehen die Ravelins Peter, Lothar und Wilhelm sowie die Lünetten 1 und 2. Heute sind nur noch vorhanden das Ravelin Anselm vollständig, Ravelin Lothar teilweise geschleift, Lünette 2 teilweise abgetragen. Das geschleifte Ravelin Peter wurde in leicht veränderter Form rekonstruiert.

 

- Statthalterpalais -

 

Der Bau ist aus 3 verschiedenen Teilen zusammengewachsen. Der Ostflügel besteht aus den beiden Renaissancehäusern zur güldenen Flechte und zum stolzen Knecht (Jahreszahl 1540 im Erker), die 1694 von der Mainzer Regierung angekauft und zum Wohnsitz des Erfurter Statthalters bestimmt wurden; Mittelbau und Westflügel sind erst unter der Statthalterschaft des Grafen Boyneburg (seine Schwester war mit dem Bruder des Kurfürsten verheiratet), in den Jahren 1711 bis 1720 nach den Plänen von Welsch in den Formen des Süddeutschen Barock und mit palastähnlichem Charakter erbaut worden. Welsch hat es bewundernswert verstanden diese beiden gänzlich verschiedenen Gebäude zu einem Bau von durchaus einheitlicher Wirkung zusammen zu fassen.

Ab 1705 ist eine Erweiterung nach Westen geplant, die erforderlichen Grundstücke werden erworben. Um den Mittelrisalit mit dem Einfahrtstor, der Treppe und dem Saal im Obergeschoß genau in die Mitte der langen Fassade stellen zu können, mußte Welsch den alten Bau von 1540 um drei Achsen kürzen. Er richtete sich nach den vorhandenen Stockwerkshöhen, führte die Stockgurte fort und behielt teilweise die Fenstermaße bei. Die Seitentrakte und der Mittelrisalit stehen im Verhältnis von

2 : 1 : 2. Der vorgewölbte Balkon ruht nicht auf Säulen, sondern wird von Atlanten gestützt. Seitlich zwei Sitzfiguren, zweiflügelige Fentstertüren, oben Wappenschild. Den Mittelbau rückt Welsch in den Hof hinaus um Platz für die großzügige Treppenanlage und den Saal im Obergeschoß zu schaffen.

 

- Kirchenfassade des Kartäuserklosters

 

Über den Architekten der Fassadenänderung des Kartäuserklosters in Erfurt gibt es keine schriftlichen Nachweise. Welsch hatte 1715 für die Kartause in Mainz Hoch- und Seitenaltäre entworfen, so dass eine Zuschreibung auch der Erfurter Kartause erfolgte.

 

- Schottenkloster - Westfassade -

 

Die Schottenkirche erhielt zwischen 1720 und 1727 eine vorgesetzte Barockfassade, der Turm eine welsche Haube. Der Architekt ist nicht bekannt, Welsch weilte in jener Zeit mehrmals in Erfurt. Die Gleichsetzung: "welsch = italienisch" führte auch in Mainz zu Irritationen in späterer Zeit. Dort wurde aus der "Welsch`schen Apotheke" eine "Italienische Apotheke".

 

- Mainzer Packhof, heute Angermuseum -

 

Verschiedentlich wurde Welsch als Planer des Packhofes bezeichnet, Nachweise dafür gibt es nicht. Der Formenreichtum der Fassade passt nicht zu seinen sonstigen Bauten. Der Packhof wurde von 1705 bis 1711 gebaut, Welsch war erst seit 1704 im Mainzer Diensten und vorrangig mit Festungsbauten beschäftigt, seine ersten zivilen Entwürfe stammen aus dem Jahr 1707 (Entwurf zum Mittelteil des Biebricher Schlosses).

 

- Ziele für Tagesausflüge oder Wochenendfahrten -

 

Wer sich ein Bild von der breiten Schaffenskraft des Maximilian von Welsch machen will, sollte sich Bauten in erreichbarer Nähe ansehen, z.B. :

-          Schloß Weißenstein in Pommersfelden den Marstall von 1717

-          Orangerie und Garten in Fulda von 1722

-          Zeughaus (1738 bis 1741) und ehemaliges Wohnhaus in Mainz

-          Abteikirche Amorbach im Odenwald von 1741 bis 1747